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135 Das Interessanteste an der Analyse der Mittelflussrechnungen bzw. der Free Cash- flows ist, dass diese die dramatische Verschlechterung im Geschäftsgang der Kunst- stoff AG wesentlich früher offenlegen als die entsprechenden Jahresabschlüsse. Im vorliegenden Fall gibt die Analyse der Zahlungsströme bereits zwei Jahre vor dem finanziellen Zusammenbruch im Jahr 19.5 eindeutige Hinweise auf ein fundamenta- les finanzielles Ungleichgewicht. Während der Jahresabschluss 19.3 nur einen klei- nen Verlust ausweist und 19.4 mit einem Gewinn von Fr. 164'000.-- sogar eine posi- tive Trendwende vortäuscht, lassen die Cash-flow-Analysen der Jahre 19.3 und 19.4 keinen Zweifel an der ausserordentlich negativen Liquiditätsentwicklung bei der Kunststoff AG: Der Grossverlust 19.5 kündigt sich zeitlich vorverschoben in den Zahlungsströmen an. Die Liquiditätsprobleme der Kunststoff AG sind grösstenteils auf eine völlig über- dimensionierte Produktion auf Lager in den Jahren vor 19.5 zurückzuführen. Ohne die erfolgswirksame Verbuchung der fertiggestellten, aber noch nicht verkauften Halb- und Fertigfabrikate unter dem Nettoumsatz hätten bereits in den Jahren 19.3 als auch 19.4 hohe Verluste ausgewiesen werden müssen ("creative accounting"). Das Ausmass der Absatzprobleme kommt in der Gewinnentwicklung zu wenig zum Ausdruck und kann nur über eine Analyse der Mittelflussrechnung erkannt werden. Vorteile von Mittelflussrechnungen und Free Cash-flow-Analysen Mit Cash-flow-Analysen gewinnt die Bank einen unbestechlichen Einblick in die Li- quiditätssituation eines Schuldners. Da die Zahlungsströme kaum manipuliert wer- den können, zeigen sie Risiken oft wesentlich früher auf als die entsprechenden Jah- resabschlüsse. Die Berechnung des Free Cash-flows eignet sich insbesondere für die Analyse der Tragbarkeit von Zins- und Amortisationszahlungen. Im Normalfall sollte der "Cash- flow aus Geschäftstätigkeit vor Zinsen" mindestens ausreichen, um Zinsen und Kre- ditrückzahlungen leisten zu können.50 Ausnahmen sind möglich bei Unternehmun- gen, welche eine Phase schnellen Wachstums durchlaufen und bei denen die Finan- zierung erhöhter Debitorenforderungen und der Aufbau des Warenlagers sämtliche selbst erarbeiteten flüssigen Mittel verschlingt. Bei einem Andauern einer solchen Expansionsphase ist aber auch hier eine Insolvenz nicht auszuschliessen, falls sich die Unternehmung die notwendige Liquidität nicht von aussen beschaffen kann. 50 Vgl. Nordgren, R.K.: Understanding Cash Flow: A Key Step in Financial Analysis, in: JCBL, Mai 1986, S. 2 - 17.

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