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103 Der Bankier zeigt sich dann oft schwer enttäuscht über das Verhalten des Kunden - aber wie würde er die Prioritäten in einer existenzgefährdenden Situation setzen? Gewandelt hat sich insbesondere die Schuldnermoral. Aufgrund der höheren Anzahl Firmenzusammenbrüche ist es für Kreditnehmer leichter geworden, Konkurs anzu- melden und einen Neubeginn zu suchen. Wer als Unternehmer gescheitert ist, muss heute keine soziale Ausgrenzung mehr befürchten, so dass der Druck zum Durchhal- ten in schwierigen Situationen kleiner geworden ist. Man kann feststellen, dass sich kleinere Schuldner eher an ihre finanziellen Ver- pflichtungen gebunden fühlen als Kreditnehmer, bei denen höhere Beträge auf dem Spiel stehen: "Wenn ich der Bank Fr. 200'000.-- schulde, habe ich ein Problem, wenn ich ihr Fr. 2 Mio. schulde, dann hat die Bank ein Problem." Zu einem solchen gläubigerschädigenden Verhalten wird ein Kreditnehmer geradezu eingeladen, wenn er bei geringem Eigenkapitaleinsatz überhöhte Kredite zu tiefen Konditionen er- hält.22 Die empirische Untersuchung legte einige Fälle offen, bei welchen der Schuldner praktisch gefahrenlos hohe Risiken eingehen konnte, weil das Verlustrisi- ko aufgrund des hohen Fremdfinanzierungsgrades fast ausschliesslich auf Seiten der Banken lag. Mit Kreditnehmern, welche nur unbedeutende Eigenmittel zu verlieren haben, ist eine konstruktive Zusammenarbeit in einer Krisensituation zudem oft ein Ding der Unmöglichkeit. Charakterzüge wie die oben beschriebenen lassen sich zum Zeitpunkt der Kreditge- währung oft nicht erkennen. Gerade zweifelhaften Schuldnern gelingt es immer wieder, sich vor der Kreditgewährung positiv in Szene zu setzen, so dass sich die Bank in ihrer Entscheidung stark von persönlichen Merkmalen des Kreditnehmers leiten lässt und dabei die übrigen Bonitätskriterien zu wenig berücksichtigt. In der Regel sind bei solchen Schuldnern aber noch weitere Bonitätsmängel vorhanden. Schwächen bei der Kreditdokumentation oder bei der Risikoanalyse erleichtern es einem Kreditnehmer, die Bank vorsätzlich zu täuschen. 22 Vgl. Volkart, R.: Bonitätsbeurteilung und Kreditentscheidung aus bewertungstheoretischer und kreditpolitischer Sicht, in: Zünd, A. / Schultz, G. / Glaus, B.U. (Hrsg.): Bewertung, Prüfung und Beratung in Theorie und Praxis, 1992, S. 471 - 485.

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