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106 Fall 2: Verleger Zwischen der Bank und einem Verleger besteht bereits eine langjährige Geschäftsbe- ziehung, wobei die ausstehenden Kredite bis zum Jahr 19.0 schrittweise auf insgesamt Fr. 4 Mio. erhöht wurden. Der Kunde verfügt in seiner Branche über einen ausge- zeichneten Ruf und hat sich in den vergangenen Jahren eine international tätige Fir- mengruppe aufgebaut, mit welcher er vermehrt auch als Konzertveranstalter und Kommunikationsberater auftritt. Die verschiedenen Firmen sind dabei in drei Hol- dinggesellschaften zusammengefasst, wovon zwei in einer Steueroase domiziliert sind. Aufgrund seiner begeisterungsfähigen Art verfügt er über zahlreiche Kontakte zu be- kannten Persönlichkeiten. So hat er beispielsweise einen bekannten Politiker für ein Verwaltungsratsmandat gewinnen können. Die Firmengruppe ist wenig durchschaubar, da in raschem Rhythmus immer neue Firmen gegründet und alte stillgelegt werden. Nach dem erfolgreichen Abschluss sei- ner oft prestigeorientierten Transaktionen hat er bei der Bank immer wieder für kurze Zeit höhere Beträge angelegt, diese dann aber wieder abgezogen. Der Verleger hat die Bank immer im voraus offen über seine zahlreichen Vorhaben informiert, war aber bisher nicht in der Lage, der Bank einen Konzernabschluss vorzulegen. Der konsoli- dierte Eigenfinanzierungsgrad betrug dabei kaum mehr als 10 %, und die Rentabilität litt in den letzten Jahren zunehmend unter einigen missglückten Projekten sowie meh- reren ertragsschwachen Beteiligungen. Im dritten Quartal des Jahres 19.0 führt die Bank mit dem Kunden verschiedene Ge- spräche, weil dieser Mühe hat, Zinsen und Amortisationen fristgerecht zu bezahlen und mehrere Kredite bereits seit längerer Zeit überschritten sind. Der Kreditnehmer orientiert die Bank in diesem Zusammenhang, dass er zwei seiner Holdinggesellschaf- ten an ausländische Investoren zu verkaufen gedenke und dadurch alle seine Kredite so schnell wie möglich zurückbezahlen wolle. In der Folge informiert der Verleger die Bank mit Fax-Meldungen aus dem Ausland sowie über sein Sekretariat in der Schweiz. Die Verhandlungen mit potentiellen Investoren scheinen jedenfalls gut ange- laufen zu sein. Bis Ende 19.0 können dann aber nur drei kleinere ausländische Tochtergesellschaften verkauft werden. Der Erlös wird aber angeblich von den dortigen Steuerbehörden aus unerfindlichen Gründen blockiert. Als die Bank weitere Unterlagen über den Stand der Verkaufsverhandlungen verlangt, erhält sie eine Briefkopie eines deutschen Interessen- ten, worin dieser eine Absichtserklärung für den Kauf einer der Holdinggesellschaften abgibt. Der darin aufgeführte Verhandlungspreis ist jedoch bereits wesentlich tiefer als früher geäusserte Preisvorstellungen des Verlegers.

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